Der Lehrplan Volksschule Thurgau beschreibt den bildungspolitisch legitimierten Auftrag der Gesellschaft an die Volksschule (Regelschulen und Sonderklassen). In Schulen für besondere Bildungsaufgaben (Sonderschulen) ist er Bezugsrahmen für eine den besonderen Bedürfnissen angepasste Förderung.

Der Lehrplan Volksschule Thurgau legt die Ziele für den Unterricht aller Stufen der Volksschule fest und ist ein Planungsinstrument für Lehrpersonen, Schulen und Bildungsbehörden. Er orientiert Eltern und Erziehungsberechtigte, Schülerinnen und Schüler, die Abnehmer der Sekundarstufe II, die Pädagogischen Hochschulen und die Lehrmittelschaffenden über die in der Volksschule zu erreichenden Kompetenzen.

Das hier vorliegende Kapitel Überblick gibt den Lehrpersonen und allen anderen Nutzerinnen und Nutzern des Lehrplans einen Überblick über den Lehrplan Volksschule Thurgau, seinen Aufbau, seine Elemente und die darin festgelegten Verbindlichkeiten. Ausführlichere Informationen zu den pädagogischen und konzeptionellen Grundlagen des Lehrplans Volksschule Thurgau sind im Kapitel Grundlagen zu finden.

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Der Lehrplan Volksschule Thurgau unterteilt die elf Schuljahre in drei Zyklen. Der 1. Zyklus umfasst zwei Jahre Kindergarten und die ersten zwei Jahre der Primarstufe (bis Ende 2. Klasse). Der 2. Zyklus umfasst vier Jahre Primarstufe (3. bis 6. Klasse) und der 3. Zyklus die drei Jahre der Sekundarstufe I (1.- 3. Klasse).

Der Lehrplan Volksschule Thurgau ist in sechs Fachbereiche Sprachen; Mathematik; Natur, Mensch, Gesellschaft (NMG); Gestalten; Musik sowie Bewegung und Sport strukturiert. Für jeden Fachbereich werden die Kompetenzen beschrieben, welche die Schülerinnen und Schüler im Laufe der Volksschule erwerben.

Im 1. Zyklus orientiert sich der Unterricht stark an der Entwicklung der Kinder und wird vor allem zu Beginn fächerübergreifend organisiert und gestaltet. Das Spiel hat eine hohe Bedeutung. Um dieser Ausrichtung Rechnung zu tragen, zeigen im Lehrplan Volksschule Thurgau neun entwicklungsorientierte Zugänge auf, wie an der Entwicklung und dem Lernen des Kindes im 1. Zyklus angeknüpft werden kann. (Siehe Grundlagen, Kapitel Schwerpunkte des 1. Zyklus.)

Daneben enthält der Lehrplan Volksschule Thurgau die Lehrpläne für die Module Medien und Informatik sowie Berufliche Orientierung. Diese Module beinhalten fächer­übergreifende Aufgaben der Schule und gewährleisten für einen Kern dieser Auf­gaben einen systematischen Aufbau von Kompetenzen.

In die Fachbereichs- und Modullehrpläne sind überfachliche Kompetenzen ein­gearbeitet. Dazu gehören personale, soziale und methodische Kompetenzen.

In die Fachbereichs- und Modullehrpläne sind für einen Unterricht unter der Leitidee Nachhaltiger Entwicklung folgende Themen eingearbeitet und mit Querverweisen gekennzeichnet: Politik, Demokratie und Menschenrechte; Natürliche Umwelt und Ressourcen; Geschlechter und Gleichstellung; Gesundheit; Globale Entwicklung und Frieden; Kulturelle Identitäten und interkulturelle Verständigung; Wirtschaft und Konsum.

Die Fachbereichs- und Modullehrpläne enthalten jeweils die einleitenden Kapitel Bedeutung und Zielsetzungen, Didaktische Hinweise und Strukturelle und inhaltliche Hinweise sowie den Kompetenzaufbau als zentrales Element des Lehrplans. Im Kompetenzaufbau wird dargestellt, wie die Kompetenzen über die Volksschulzeit aufgebaut werden.

 

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Auf der ersten Gliederungsebene sind die Fachbereiche und Module in Kompetenzbereiche unterteilt. Die Kompetenzbereiche orientieren sich an Fähigkeiten/Fertigkeiten (z.B. Hören, Lesen, Sprechen, Schreiben in den Sprachen) oder an Themen/Kenntnissen (z.B. Zahl und Variable in der Mathematik).

Wie die Kompetenzbereiche ausgerichtet sind, liegt in der fachdidaktischen Tradition und im aktuellen Stand der fachdidaktischen Entwicklung des jeweiligen Fachbereichs begründet.

Auf der nächsten Gliederungsebene werden die Kompetenzbereiche in Handlungs- bzw. Themenaspekte strukturiert. Nicht alle Fachbereichslehrpläne enthalten diese Gliederungsebene.

Zu jedem Kompetenzbereich bzw. jedem Handlungs- oder Themenaspekt werden Kompetenzen formuliert und deren Aufbau dargestellt. Die Kom­petenz­beschreibungen lenken den Blick auf das Ende der Volksschule und beschreiben, was Schülerinnen und Schüler dann wissen und können.

Für jede Kompetenz wird der erwartete Aufbau an Wissen und Können pro Zyklus gestuft beschrieben. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass Kompetenzen kontinuierlich über einen bestimmten Zeitraum erworben werden. In den einzelnen Kompetenzstufen wird formuliert, über welche Vor- und Zwischenstufen sich umfassendere Kompetenzen aufbauen. Die Kompetenzstufen unterscheiden sich durch die Zunahme von Fakten-, Konzept- und Prozesswissen, durch die Erhöhung von Verstehensanforderungen, durch die höhere Komplexität der An­wen­dungs­situation oder den Grad der Selbstständigkeit, mit der gearbeitet wird.

Die Stufenabfolge kann sich aus der fachlichen Logik ergeben. Das bedeutet, dass die Themen/Kenntnisse und Fähigkeiten/Fertigkeiten einer vorgängig erworbenen Kompetenzstufe zwingend die Grundlage für die nachfolgenden Kompetenzstufen bilden. Gibt es keine solche fachliche Logik, ist die Reihenfolge der Kom­pe­tenz­stufen eine Setzung, die der Lehrplan vornimmt.

Der Kompetenzaufbau weist je nach Thema eine variable Anzahl Kompetenzstufen auf. Diese orientiert sich daran, was für den jeweiligen Kompetenzaufbau fachlich sinnvoll ist.

An den meisten Kompetenzen wird über alle drei Zyklen hinweg kumulativ gearbeitet. Einige Kompetenzaufbauten beginnen allerdings nicht zu Beginn des 1. Zyklus, sondern zu einem späteren Zeitpunkt, da für ihren Aufbau bestimmte Voraussetzungen in der Entwicklung und im Lernen der Kinder erfüllt sein müssen. Andere Kompetenzaufbauten werden vor Ende des 3. Zyklus abgeschlossen.

Eine leere Stufe am Anfang eines Kompetenzaufbaus bedeutet, dass mit der Arbeit an dieser Kompetenz nicht zu Beginn des 1. Zyklus begonnen wird.

Die Querverweise in den Fachbereichslehrplänen zeigen auf, wo ein An­knüpfungs­punkt zu einem entwicklungsorientierten Zugang, zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung, zu einem anderen Fachbereich oder Modul besteht.

Die Querverweise zu den entwicklungsorientierten Zugängen zeigen auf, welche Inhalte des Lehrplans des 1. Zyklus sich besonders für einen Unterricht unter einer Entwicklungsperspektive eignen.

Die Querverweise zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung zeigen auf, welche Inhalte des Lehrplans sich besonders für einen Unterricht unter der Leitidee einer nachhaltigen Entwicklung eignen.

Innerfachliche und fächerübergreifende Querverweise zeigen Verbindungen zwischen Inhalten des Lehrplans auf, die in verschiedenen Fachbereichen vorkommen und die sich ergänzen. Sie geben Anregungen für fächerübergreifendes Arbeiten oder zeigen auf, wo an bereits vorhandenes Wissen und Können der Schülerinnen und Schüler angeknüpft werden kann.

In der elektronischen Version des Lehrplans Volksschule Thurgau sind die Querverweise jeweils mit einem Link hinterlegt. Dieser Link führt direkt an die Stelle im Lehrplan, auf die der Querverweis gesetzt ist.

Kompetenzbereiche oder Kompetenzen werden im Unterricht nicht linear abgearbeitet. Fast immer werden verschiedene Facetten einer oder mehrerer Kompetenzbereiche oder Kompetenzen gleichzeitig bearbeitet und zu­sammengeführt. Z.B. wird im Deutschunterricht eine Geschichte gelesen (Kompetenzbereich Lesen), darüber gesprochen (Ko­mpetenzbereich Sprechen) und anschliessend in Gruppen eine szenische Darstellung einstudiert (Kompetenz­bereich Literatur im Fokus). Dabei werden auch überfachliche Kompetenzen mitgeübt. Fachliche und überfachliche Kompetenzen unterschiedlicher Niveauabstufung werden in einem Unterrichtsvorhaben meist verbunden bearbeitet. (Siehe auch Grundlagen, Kapitel Lern- und Unterrichtsverständnis.)

Nicht alle im Lehrplan Volksschule Thurgau aufgeführten Kompetenzen und Kompetenzstufen müssen beurteilt werden. Wie bisher obliegt es der Professionalität der Lehrpersonen einzuschätzen, wann und mit welchen Mitteln sie Leistungen der Schülerinnen und Schüler einschätzen und beurteilen. Sie beachten dabei die im Kanton geltenden Regelungen. (Siehe auch Grundlagen, Kapitel Lern- und Unterrichtsverständnis, Unterkapitel Beurteilung.)

Pro Zyklus werden Grundansprüche ausgewiesen. Die Grundansprüche bezeichnen diejenigen Kompetenzstufen, welche die Schülerinnen und Schüler spätestens bis zum Ende des jeweiligen Zyklus erreichen sollen. Sie erreichen die Grundansprüche im Laufe des Zyklus zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Viele Schülerinnen und Schüler arbeiten anschliessend an den weiterführenden Kompetenzstufen und erreichen auch die darin festgehaltenen Ansprüche. Für einzelne Schülerinnen und Schüler können die Grundansprüche bei Bedarf nach unten angepasst werden (vgl. Lernzielanpassungen).

Die Schule als Institution und die Lehrpersonen haben den Auftrag, die Erreichung der Grundansprüche im Unterricht zu ermöglichen. Die Beschreibungen der vorangehenden Kompetenzstufen werden im Text der Grundansprüche nicht wiederholt. Sie gehören zu den Grundansprüchen. In einzelnen Fachbereichen sind bei wenigen Kompetenzaufbauten keine Grundansprüche gesetzt worden. Erklärungen dazu finden sich in den einleitenden Kapiteln des jeweiligen Fachbereichs unter Strukturelle und inhaltlich Hinweise.

In den Fachbereichen Sprachen, Mathematik und Natur, Mensch, Gesellschaft (NMG) wurden die Grundkompetenzen (nationale Bildungsstandards) der EDK in die Grundansprüche des Lehrplans eingearbeitet. So wird gewährleistet, dass Schülerinnen und Schüler, welche die Grundansprüche des Lehrplans erreichen, zugleich die Grundkompetenzen (nationale Bildungsstandards) der EDK erreichen.

Der Auftrag des Zyklus definiert, an welchen Kompetenzstufen in diesem Zyklus verbindlich gearbeitet werden muss. Die Schülerinnen und Schüler müssen im Unterricht die Möglichkeit erhalten, an den Kompetenzstufen, die über die Grundansprüche hinaus zum Auftrag des Zyklus gehören, zu arbeiten. Damit gehen die Vorgaben des Lehrplans über die Grundansprüche hinaus. Zusätzlich definiert der Auftrag des Zyklus zuhanden der Lehrmittelschaffenden, für welche Stufen des Kompetenzaufbaus ein Lehrmittel die nötigen Materialien bereitstellen muss.

In der Mitte des 1. Zyklus (Ende 2. Kindergartenjahr), des 2. Zyklus (Ende 4. Klasse) und des 3. Zyklus (Mitte der 8. Klasse) ist je ein Orientierungspunkt gesetzt. Die Orientierungspunkte legen fest, welche Kompetenzstufen bis zum Ende des 2. Kindergartenjahres und der 4. Klasse sowie bis zur Mitte der 8. Klasse bearbeitet werden sollten. Sie dienen den Lehrerinnen und Lehrern als Planungs- und Orientierungshilfe und beziehen sich auf den Unterricht und das Unterrichtsangebot. Sie bestimmen nicht, was die Schülerinnen und Schüler als Individuen erreichen sollen.

In einzelnen Fachbereichen sind keine Orientierungspunkte gesetzt worden. Erklärungen dazu finden sich in den einleitenden Kapiteln des jeweiligen Fachbereichs unter Strukturelle und inhaltliche Hinweise.

In zahlreichen Kompetenzstufenbeschreibungen des Lehrplans Volksschule Thurgau werden Präzisierungen verwendet. Sie sind folgendermassen zu lesen: Eine Aufzählung von Inhalten in einer Klammer bedeutet, dass die aufgezählten Inhalte verbindlich zu bearbeiten sind. Im Fachbereich NMG und an einer Stelle im Fachbereich Musik (MU.1.C.1) sind diese Inhalte mit dem Symbol gekennzeichnet. Die Verwendung von z.B. bedeutet, dass die aufgezählten Inhalte eine Auswahl sind und der Illustration dienen. Die Lehrerinnen und Lehrer können aus den Beispielen auswählen oder andere Inhalte bearbeiten.

Die Querverweise zu Medien und Informatik sowie Beruflicher Orientierung zeigen auf, in welchem Fachbereich und Zyklus verbindlich am Kompetenzaufbau Medien und Informatik bzw. Berufliche Orientierung gearbeitet werden muss.

Alle Schülerinnen und Schüler werden entsprechend ihrer Leistungsmöglichkeit in ihrem Wissens- und Könnensaufbau unterstützt. Aufgrund der individuellen Lernfortschritte endet der Auftrag an die Schule und die Lehrpersonen nicht, wenn die Schülerinnen und Schüler die Kompetenzstufen des Zyklus erreicht haben. Insbesondere befähigte Schülerinnen und Schülern sollen Gelegenheit erhalten, sich in zusätzliche Themen und Inhalte zu vertiefen (Enrichment) bzw. in eigenem Lerntempo an weiterführenden Kompetenzen oder Kompetenzstufen zu arbeiten (Akzeleration).

Das Überspringen einer Klasse kann gestattet werden, wenn zu erwarten ist, dass die erforderlichen Leistungen leicht erfüllt werden und die soziale sowie emotionale Entwicklung gesund erfolgen.

Die Kompetenzen und Inhalte des Lehrplans Volksschule Thurgau gelten im Grundsatz für alle Kinder. Es wird aber auch mit dem Lehrplan Volksschule Thurgau so sein, dass trotz gutem Unterricht einzelne Schülerinnen und Schüler die Grundansprüche in einem oder mehreren Fachbereichen nicht erreichen. In diesem Fall ist es nötig, den Lernstand der einzelnen Schülerin oder des einzelnen Schülers zu beurteilen und Fortschritte und Probleme im individuellen Lernprozess zu beobachten, so dass erfolgversprechende Fördermassnahmen eingeleitet werden können.

Das Gesetz über Beitragsleistungen an die Schulgemeinden (Beitragsgesetz) regelt die Finanzierung der sonderpädagogischen Massnahmen pauschal über einen Zuschlag zur Besoldungspauschale. Die Schulgemeinden entscheiden im Rahmen der kantonalen Vorgaben über Form und Ausrichtung ihres Förderangebots. Sie erarbeiten dazu ein Förderkonzept.

Das Förderkonzept hält die Ausrichtung der Förderung sowie das Zusammenspiel der Förderangebote im Bereich der nieder- und höherschwelligen sonderpädagogischen Massnahmen sowie der Begabungs- und Begabtenförderung fest. Es definiert die Angebote für Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf und die damit verbundenen Abläufe, Verfahren und Kompetenzen.

Das Förderkonzept ist dem Amt zur Genehmigung vorzulegen. Es muss nach vier Jahren überprüft und bei wesentlichen Änderungen neu eingereicht werden.

Ob die Grundansprüche erreicht wurden, kann abschliessend erst am Ende eines Zyklus beurteilt werden. Zeichnet sich bei Schülerinnen und Schülern jedoch aufgrund von Lernschwierigkeiten ab, dass sie die Grundansprüche am Ende des Zyklus voraussichtlich nicht erreichen können, sind die nötigen Fördermassnahmen bereits während des Zyklus einzuleiten.

Genügen diese Massnahmen nicht, können die Grundansprüche der Schülerinnen und Schüler im Einzelfall angepasst werden. Lernzielanpassungen können in einem oder mehreren Fachbereichen und Modulen ausgesprochen werden. Werden die Lernziele angepasst, ist im Zeugnis anstelle eines Wortprädikats oder einer Note der Vermerk "Lza" (Lernzielanpassung) anzubringen. Beurteilt wird mit einem separaten Lernbericht, der Bestandteil des Zeugnisses ist.

Lernzielanpassungen werden durch die Schulbehörde oder die Schulleitung bewilligt. Sie werden periodisch, zwingend aber beim Übertritt in die nächste Stufe bzw. den nächsten Zyklus überprüft und gegebenenfalls angepasst oder aufgehoben.

Einzelne Schülerinnen und Schüler, die nicht in der Lage sind, individuelle minimale Ziele zu erreichen und schulisch einer hohen Belastung ausgesetzt sind, können von einzelnen Fachbereichen oder Modulen dispensiert werden. Die nicht besuchten Lektionen müssen durch geeignete fördernde Massnahmen kompensiert werden.

Für die Dispensation ist unter vorgängiger Information der Schulaufsicht die Schulbehörde oder die Schulleitung zuständig. Eine Dispensation kann nur mit dem Einverständnis der Erziehungsberechtigten erfolgen. Ebenso müssen die Erziehungsberechtigten über die Folgen für die schulische und berufliche Laufbahn aufgeklärt werden. Ist die Schülerin oder der Schüler von einem Fach dispensiert, wird im Zeugnis anstelle eines Wortprädikats oder einer Note der Vermerk "disp." (dispensiert) eingetragen.

Der Nachteilsausgleich dient dazu, Einschränkungen aufgrund von diagnostizierten Behinderungen aufzuheben oder zu verringern. Er bezeichnet die formale Anpassung der Bedingungen bei prüfungs- und promotionsrelevanten Situationen. In den übrigen Lernsituationen werden Nachteile durch differenzierenden Unterricht ausgeglichen. Der Nachteilsausgleich beinhaltet keine Anpassung der zu erreichenden Grundansprüche (Abgrenzung zu Lernzielanpassungen).

Nicht jede Schülerin oder jeder Schüler mit einer vorhandenen Behinderung benötigt einen Nachteilsausgleich. Dies ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.

Die Schulbehörde oder die Schulleitung entscheidet über den beantragten Nachteilsausgleich und informiert die Schulaufsicht. Massnahmen im Rahmen eines Nachteilsausgleichs dürfen nicht im Zeugnis vermerkt werden.

Repetitionen werden angeordnet, wenn zu erwarten ist, dass mit ihnen Leistungsprobleme oder Rückstände in der persönlichen Entwicklung langfristig beseitigt werden. In der Primar- und in der Sekundarschule kann höchstens je einmal repetiert werden.

Aus dem Lehrplan Volksschule Thurgau können Lehrerinnen und Lehrer ablesen, wie eine Kompetenz als Ganzes über die Schulzeit aufgebaut wird und wer in welchem Zyklus was zu diesem Aufbau beiträgt. Die Lehrpersonen der vorangehenden und nachfolgenden Zyklen können entnehmen, über welche Kompetenzstufen alle Schülerinnen und Schüler verfügen (Grundansprüche) und an welchen Kompetenzstufen mit allen Schülerinnen und Schülern gearbeitet wurde (Auftrag des Zyklus bzw. Orientierungspunkte).

Der Lehrplan Volksschule Thurgau wurde so ausgearbeitet, dass er in unterschiedlichen Schulstrukturen umgesetzt werden kann. Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe I können dem Lehrplan Volksschule Thurgau folgende Informationen zu den Anforderungsniveaus entnehmen:

Zu Beginn der Sekundarstufe I können Lehrpersonen, die in Schulen oder Niveaugruppen mit Grundanforderungen unterrichten, an die Kompetenzstufen anschliessen, welche als Grundansprüche des 2. Zyklus gekennzeichnet sind. Sie können davon ausgehen, dass die Schülerinnen und Schüler mindestens die Grundansprüche erreicht haben und bereits an weiterführenden Kompetenzstufen gearbeitet haben.

Bis zum Ende des 3. Zyklus erreichen diese Schülerinnen und Schüler die Grundansprüche des 3. Zyklus. Sie erhalten zudem die Möglichkeit, gemäss ihren individuellen Möglichkeiten an weiterführenden Kompetenzstufen nach den Grundansprüchen des 3. Zyklus zu arbeiten.

Lehrerinnen und Lehrer, die auf der Sekundarstufe I in Schulen oder Niveaugruppen mit erweiterten Anforderungen unterrichten, können an die Kompetenzstufen anschliessen, die als Auftrag des 2. Zyklus gekennzeichnet sind. Sie können jedoch nicht davon ausgehen, dass die Schülerinnen und Schüler in allen Fachbereichen alle Kompetenzstufen des 2. Zyklus vollumfänglich beherrschen.

Bis zum Ende der Volksschule erreichen die Schülerinnen und Schüler die Grundansprüche des 3. Zyklus und haben bereits vertieft an den weiterführenden Kompetenzstufen gearbeitet, die als Auftrag des 3. Zyklus bezeichnet sind. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler sollten die weiterführenden Kompetenzstufen erreichen, die als Auftrag des 3. Zyklus bezeichnet sind.

Weitere Differenzierungen und Festlegungen für ein mittleres Anforderungsniveau macht der Lehrplan Volksschule Thurgau nicht.

Abnehmer auf der Sekundarstufe II können dem Lehrplan Volksschule Thurgau folgende Informationen zu den Anforderungsniveaus entnehmen:

Jugendliche erreichen nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit in den Fachbereichen mindestens die Kompetenzstufen, die als Grundansprüche des 3. Zyklus bezeichnet sind. Die meisten Jugendlichen haben darüber hinaus an weiterführenden Kompetenzstufen gearbeitet. Dementsprechend wird der Unterricht an den Berufsfachschulen in der Regel an die Grundansprüche anschliessen. Es gibt aber Lehrberufe, die in verschiedenen Fachbereichen das Beherrschen von Kompetenzstufen voraussetzen, die über die Grundansprüche hinausreichen. Der Unterricht an den Berufsfachschulen setzt in diesem Fall das Beherrschen von Kompetenzstufen über den Grundansprüchen voraus.

Lehrerinnen und Lehrer, die an Schulen mit erweiterten Anforderungen (namentlich Berufsmaturitätsschulen, Fachmittelschulen und Gymnasien) unterrichten, können mit ihrem Unterricht an die Kompetenzstufen anschliessen, die als Auftrag des 3. Zyklus bezeichnet sind. Sie können jedoch nicht davon ausgehen, dass die Schülerinnen und Schüler in allen Fachbereichen alle Kompetenzstufen des Zyklus vollumfänglich beherrschen.

Der Lehrplan Volksschule Thurgau enthält keine Aussagen zu den Selektionskriterien für den Übertritt in weiterführende Schulen mit erweiterten Anforderungen.

Im Lehrplan Volksschule Thurgau werden folgende Abkürzungen und Nummerierungen verwendet, die sich zu einem Code zusammenfügen lassen. Der Code dient dazu, sich im Lehrplan zu orientieren.

D Deutsch
FS1E Englisch 1. Fremdsprache
FS2F Französisch 2. Fremdsprache
I Italienisch (3. Fremdsprache als Freifach)
MA Mathematik
NMG Natur, Mensch, Gesellschaft
NT Natur und Technik
WAH Wirtschaft, Arbeit, Haushalt
RZG Räume, Zeiten, Gesellschaften
ERG Ethik, Religionen, Gemeinschaft
BG Bildnerisches Gestalten
TTG Textiles und Technisches Gestalten
MU Musik
BS Bewegung und Sport
MIMedien und Informatik
BO Berufliche Orientierung
EZ Entwicklungsorientierte Zugänge zum 1. Zyklus
BNE Bildung für nachhaltige Entwicklung

Die Kompetenzbereiche werden durchnummeriert (1, 2, 3 usw.)

Die Handlungs-/Themen­aspekte werden mit Grossbuchstaben bezeichnet (A, B, C usw.)

Die Kompetenzen werden durchnummeriert (1, 2, 3 usw.)

Die Kompetenzstufen werden mit Kleinbuchstaben bezeichnet (a, b, c, ...).

Es gibt Kompetenzen, die mehrere Aufbauten aufweisen. Diese Kompetenzaufbauten werden zusätzlich nummeriert (1, 2, ...) und die dazu gehörenden Kompetenzstufen mit Kleinbuchstaben (a, b, ...) bezeichnet.

Mit den oben genannten Abkürzungen kann ein Code zusammengestellt werden. So kann auf einzelne Stufen verwiesen werden bzw. können Querverweise angezeigt werden. Dabei wird folgende Reihenfolge gewählt:

  1. Fachbereich bzw. fächerübergreifendes Thema
  2. Kompetenzbereich
  3. Handlungs-/Themenaspekt
  4. Kompetenz
  5. Kompetenzstufe

Nicht immer ist ein Handlungs-/Themenaspekt vorhanden.

Beispiel:

MA.1.A.3.c = Mathematik; 1. Kompetenzbereich; Handlungsaspekt A; 3. Kompetenz; Kompetenzstufe c